Wie kam ich auf die Idee, EMDR mit der TCM zu kombinieren? Nun, ich litt jahrelang unter starker Migräne, die in der westlichen Medizin quasi austherapiert und nur mit starken Schmerzmitteln in Schach zu halten war. Durch Zufall fand ich eine TCM-Ärztin, die in der gleichen Straße wohnte. Warum also nicht ausprobieren? Wenn die Schmerzen groß genug sind, hält man sich doch an jeden Strohhalm. So begann meine halbjährige Therapie mit TCM. Sie bestand aus einer Kombination von Akupunktur, Kräutermedizin und Bewegungsübungen (Qi Gong). Es wäre gelogen, zu sagen, dass es eine schnelle Besserung gab, doch mit der Zeit wurde es immer besser, bis ich nach einem halben Jahr regelmäßiger Behandlungen beschwerdefrei war und über 10 Jahre bleiben sollte. Nach diesem Erfolg wollte ich selbst wissen, wie es geht, und begann, mich über Jahre hinweg in die TCM einzulesen und letztendlich die Ausbildung zur Akupunkteurin zu machen.
Was passierte also nach diesen 10 Jahren? Ein Schicksalsschlag warf mich aus der Bahn und damit kam auch die Migräne auf einen Schlag zurück. Es ist bekannt, dass Stress Migräneanfälle auslösen kann, und in diesem Fall war es wohl so. Ich ließ mich also erneut akupunktieren und entschied mich, gleichzeitig eine Therapie zu machen, die eher zufällig EMDR war, da ich damals noch gar nicht wusste, was das eigentlich ist. Schnell fiel mir auf, dass ich mich nach anstrengenden EMDR-Sitzungen schneller erholte und der Effekt auch länger anhielt, wenn ich danach eine Akupunktursitzung hatte oder Qi Gong machte.
Da ich zu dieser Zeit bereits Psychologie studierte, war mir schnell klar, dass ich mich auf EMDR spezialisieren würde, da diese Methode schnell und nachhaltig Ergebnisse erzielt. Es waren also beide Male Zufälle, die mich zur TCM und später zu EMDR brachten, doch es ist kein Zufall, dass ich seither an der Kombination dieser beiden Methoden arbeite. In der Praxis hat es sich bewährt, denn ich sehe nachhaltigere und schnellere Fortschritte bei Klient:innen, die sich beispielsweise mit gezielten Atemübungen, Qi Gong oder Meditation auch zwischen Sitzungen aktiv am Prozess beteiligen.
Wie sich die TCM mit EMDR überschneidet und ergänzt, erkläre ich im folgenden Artikel.
EMDR in Kombination mit TCM: Ein vielversprechender Ansatz in der Traumatherapie
Die Traumatherapie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Zwei besonders wirksame Methoden sind EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) und die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin). Beide Ansätze zielen darauf ab, traumatische Erfahrungen ganzheitlich zu verarbeiten und die psychische Gesundheit wiederherzustellen. In diesem Beitrag möchte ich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Therapieformen beleuchten und aufzeigen, wie sie einander ergänzen.
EMDR: Die Kraft der bilateralen Stimulation mittels Augenbewegungen
EMDR ist eine psychotherapeutische Methode, die speziell zur Behandlung von Traumata entwickelt wurde. Diese Methode basiert auf der Annahme, dass das Gehirn nicht verarbeitete traumatische Erlebnisse speichert und sich negative Emotionen im Körper festsetzen. Durch EMDR können diese gespeicherten Informationen und Emotionen neu verarbeitet werden, sodass die damit verbundenen emotionalen Belastungen abnehmen. Mit gezielten Augenbewegungen, Tapping oder bilateraler Audiostimulation wird die Verarbeitung belastender Erinnerungen angeregt und eine Synchronisation unter den Gehirnhälften bzw. eine innere Reorganisation der belastenden Traumaerfahrung ermöglicht. Ferner geht man davon aus, dass ein Zusammenhang mit den REM-Phasen während des Schlafes besteht. Man weiß heute, dass die schnellen Augenbewegungen, die in diesen Phasen stattfinden, die Verarbeitung des im Alltag Erlebten vereinfachen. In einer EMDR-Sitzung wird durch bilaterale Stimulation ein ähnlicher Effekt ausgelöst.
Die genaue Wirkungsweise dieser Behandlungsmethode ist noch nicht abschließend erforscht, jedoch wird angenommen, dass EMDR die natürlichen Heilungsprozesse des Gehirns unterstützt. Die günstige Wirkungsweise von EMDR konnte inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen werden.
TCM: Ganzheitliche Heilung
Die Traditionelle Chinesische Medizin betrachtet den Menschen als ein komplexes System, in dem Körper, Geist und Seele untrennbar miteinander verbunden sind. Es wird davon ausgegangen, dass Emotionen nicht nur psychische Zustände sind, sondern auch körperliche Auswirkungen haben können. Ungelöste Emotionen wie Ärger, Trauer, Angst oder Freude können das energetische Gleichgewicht stören und die Gesundheit maßgeblich beeinflussen. Blockaden im Körper können sich in den Organen manifestieren und dann in Form von körperlichen Beschwerden äußern. Die TCM verbindet bestimmte Organe mit spezifischen Emotionen. Demnach werden mit der Leber Ärger und Frustration, mit dem Herz Freude und Überforderung, mit der Milz Grübeln und Sorgen, mit der Lunge Trauer und Kummer und mit der Niere Angst und Furcht verbunden.
Ziel der TCM ist es, das energetische Gleichgewicht wiederherzustellen, das nicht nur durch äußere Einflüsse auf den Körper, sondern auch durch seelische Traumata gestört sein kann. Dazu werden verschiedene Methoden eingesetzt, wie Akupunktur, Kräutermedizin, Meditation, Qi Gong und Massagen.
Durch die verschiedenen Therapiemethoden wird der freie Fluss der Lebensenergie wiederhergestellt (Harmonisierung des Qi). Außerdem zielt die TCM darauf ab, die Funktionen der Organe zu stärken, die durch die Emotionen belastet sind. Die TCM versucht zudem, ein Ungleichgewicht von Yin und Yang, das zu emotionalen Störungen führen kann, auszugleichen und das Gleichgewicht wiederherzustellen. Schließlich aktiviert die TCM auch die Selbstheilungskräfte des Körpers, sodass er sich selbst wieder ins Gleichgewicht bringen kann – ein wichtiger Aspekt, der auch bei EMDR zum Tragen kommt. Wir erinnern uns, durch die bilaterale Stimulation werden die Selbstheilungskräfte des Gehirns angeregt.
Gemeinsamkeiten von EMDR und TCM
Ganzheitlicher Ansatz: Sowohl EMDR als auch TCM betrachten den Menschen als Ganzes und berücksichtigen nicht nur die körperlichen, sondern auch die psychischen und energetischen Aspekte.
Fokus auf Ressourcen: Beide Therapieformen zielen darauf ab, die individuellen Ressourcen des Patienten zu stärken und seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Traumaverarbeitung: Sowohl EMDR als auch TCM bieten effektive Möglichkeiten, im Körper gespeicherte negative Emotionen zu verarbeiten und somit Traumata und ihre gesundheitlichen Auswirkungen auf den Körper aufzulösen.
Aber genug gefachsimpelt, Sie wollen jetzt wahrscheinlich endlich wissen, wie das ganze in der Praxis aussieht.
EMDR in Kombination mit TCM in der Praxis
Eine Kombination von EMDR und TCM kann für viele Patienten von großem Vorteil sein. Die Augenbewegungen in der EMDR können die Wirkung der Akupunktur, gezielter Akupressur sowie spezieller meditativer Atemübungen verstärken und die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen beschleunigen. Gleichzeitig kann die TCM dazu beitragen, die körperlichen Symptome, die oft mit Traumata einhergehen, wie Schmerzen, Schlaflosigkeit oder Verspannungen, zu lindern.
Mögliche Kombinationen:
EMDR und Akupunktur: Die Akupunktur kann vor oder nach einer EMDR-Sitzung angewendet werden, um die Entspannung zu fördern und die Verarbeitung der traumatischen Erinnerungen zu unterstützen. Auch eine Behandlung mit Dauernadeln im Ohr ist möglich. Die Ohrakupunktur hat sich vor allem bei Nervosität und Angststörungen bewährt.
EMDR und Meditation: Durch gezielte Atemübungen wird ein meditativer Zustand hergestellt, das Nervensystem beruhigt sich und innere Prozesse können leichter stattfinden. Durch die zusätzliche Kombination mit bilateralem Tapping, bilateralen Tönen oder Augenbewegungen wird die Verarbeitung beschleunigt und ein positives Gefühl im Körper verankert. Klient:innen verspüren eine umfassende Linderung ihrer Symptome und lernen, ihr Wohlbefinden in Eigenregie zu verbessern.
EMDR und Massage: Die klassische Thai-Massage ist eine der ältesten und umfassendsten Massageformen weltweit und basiert auf dem Verständnis des menschlichen Körpers als komplexes Energiesystem. Sie trägt dazu bei, körperliche Spannungen zu lösen, die Energie im Körper auszugleichen und vermittelt Betroffenen ein Gefühl von Geborgenheit und Nähe.
EMDR und QiGong: QiGong ist eine Bewegungstherapie, die Körper, Geist und Seele in Einklang bringt. EMDR und QiGong unterstützen sich gegenseitig. QiGong kann die Verarbeitung vertiefen und die Entspannung fördern. Gezielte Übungen verstärken die Wirkung der bilateralen Stimulation.
Ganzheitliche Heilung: Durch die Kombination von kognitiver Verarbeitung (EMDR) und körperlicher Übung (QiGong) wird eine ganzheitliche Heilung angestrebt.
Längerfristige Stabilisierung: QiGong trägt außerdem dazu bei, die durch EMDR erzielten Therapieerfolge zu stabilisieren und langfristig zu erhalten. Außerdem versetzt eine regelmäßige QiGong-Praxis die Betroffenen in die Lage, sich selbst zu helfen.
Fazit
Die Kombination von EMDR und TCM eröffnet neue Perspektiven in der Traumatherapie. Beide Methoden ergänzen sich hervorragend und können dazu beitragen, dass Betroffene ihre Traumata besser verarbeiten und ein erfüllteres Leben führen können.
Selbstverständlich ist für mich eine individuelle Beratung und Anpassung der Therapie auf die Bedürfnisse der Person, die mir gegenübersitzt, denn wir sind alle einzigartig.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und ersetzt keine professionelle Beratung. Bitte wenden Sie sich bei Fragen oder Problemen direkt an mich oder andere qualifizierte Therapeut:innen.